Urlaubszeit ist Reisezeit – Doch trau, schau wem
Urlaub ist für viele Menschen die schönste Jahreszeit. Reiseveranstalter bieten ihre Dienste an und versprechen den Himmel auf Erden. Schließlich möchten Sie ein möglichst großes Stück von dem Kuchen abhaben, der aus den Milliarden gebacken wird, der für Urlaubsreisen ausgegeben wird. Für jeden guten Kaufmann dürfte dabei klar sein, daß er seine Kunden nicht enttäuschen darf, wenn er sich ihre Zuneigung erhalten und auch künftig von ihrem Reisebudget profitieren möchte.
Der fähige Kaufmann ist sich bewußt, was Kunden bedeuten, nämlich Geschäftspartner, unverzichtbare Partner im Wirtschaftsleben, ohne die ein Betrieb nicht existieren kann. Er unternimmt deshalb alles sinnvoll mögliche, um Geschäftspartner zu gewinnen und zu halten. Außer einer anständigen Gesinnung braucht er dazu einem ordentlich eingerichteten und geführten Geschäftsbetrieb, um die den Kunden versprochene Leistung zuverlässig erbringen zu können.
Diese kaufmännischen Selbstverständlichkeiten können wir im Zeitalter des Beutekapitalismus und der Manager-Nomaderie aber leider nicht mehr voraussetzen. Heute zählen der schnelle Profit und gute Quartalszahlen für allzu viele Teilnehmer am Wirtschaftsleben sehr viel mehr als nachhaltig gewinnbringende Geschäftsbeziehungen. Da kann sich niemand mehr darauf verlassen daß sein Geschäftspartner ihn wirklich als Partner betrachtet, dem er ohne Wenn und Aber liefert, wozu er sich verpflichtet hat. Insbesondere im Massengeschäft großer Unternehmen mit vielen tausend Kunden werden diese immer häufiger nur noch als Melkkühe betrachtet, denen mit minimalem Aufwand möglichst viel Geld aus der Tasche gezogen werden soll.
Ein besonders krasser Fall ist in der Fallstudie „Qualitätsmanagement in der Praxis – Wenn Kunden sich als Beuteopfer fühlen – ein “Reise”-Erlebnis mit Gebeco/TUI“ dokumentiert. Sie ist vor kurzem in 3. Auflage erschienen und zeigt, daß Kunden sogar damit rechnen müssen, auf legale, wenn auch illegitime Weise geradezu abgezockt zu werden.
Hier der Fall in Kürze: Zwei Kunden buchen auf Anraten von Gebeco zusätzlich zum Reisepreis von 5.990 Euro noch einen Zubringerflug für 250 Euro pro Person. Der Flug wird kurz vor Reiseantritt gestrichen, so daß die Anschlußflüge nicht erreicht werden. Lufthansa stellt Umbuchungen gar nicht bzw. teilweise für zwei Tage später in Aussicht. Gebeco, von den Kunden unverzüglich telefonisch informiert, bleibt untätig. Die Kunden fordern deshalb den Reisepreis zurück. Gebeco weigert sich. Als die Kunden Monate später klagen, behauptet der Reiseveranstalter, die Reise hätte problemlos auf einer anderen Route durchgeführt werden können. Das nach üblichem Standard des Qualitätsmanagements von dem Telefongespräch der Kunden mit Gebeco anzufertigende Protokoll kann (oder will?) Gebeco nicht vorlegen. So bleibt offen, was besprochen wurde und die Widerlegung der Behauptung Gebecos, die Flüge hätten problemlos umgebucht werden können, ist den Kunden nicht möglich.
Im formaljuristischen Glasperlenspiel hat Gebeco die Kunden besiegt, als Geschäftsleute haben sie verloren – und als verantwortliche Führungskräfte jämmerlich versagt. Daß dies weder den Gebeco-Geschäftsführern Steinweg und Bohlander noch dem Vorstandsvorsitzenden der TUI AG, Dr. Frenzel, bewußt zu sein scheint, wirft ein äußerst schlechtes Licht auf ihre Einstellung zu Kunden und ist alles andere als eine Einladung, sich den Diensten dieser Reiseveranstalter anzuvertrauen.
Recht und Rechtsprechung schützen Kunden vor solchen Übergriffen nicht, wenigstens dann nicht, wenn sie nicht bereit oder nicht in der Lage sind, sich einen jahrelangen Rechtsstreit bis mindestens zum BGH aufzuladen. Sie müssen nämlich immer damit rechnen, daß der Einzelrichter in Erster Instanz – wie im dokumentierten Fall – dem Sachverhalt nicht gerecht wird. Auf seinem beträchtlicher Zeitaufwand für den Gerichtsmarathon bleibt der Kunde dann immer sitzen; über alle Instanzen summiert sich das zu vielen Wochen verschwendeter Lebenszeit. Was angesichts der wahrscheinlich nur inflationär zu lösenden europäischen Staatsschuldenkrise nach einem Sieg in ferner Zukunft das Geld noch wert ist, das er verauslagt hat und schließlich nach vielen Jahren erstreiten mag, kann niemand sagen. Und ob sein Kontrahent mit der von ihm praktizierten Kundenbehandlung wirtschaftlich überhaupt so lange durchhält, daß er nach einem höchstricherlichen Urteil überhaupt noch etwas von seinem verauslagten Geld zurück bekommt, ist ebenfalls vollkommen unsicher.
So ist der Kunde also in solchen Fällen immer der Dumme, und weil das in unserem Rechtswegestaat nun einmal so ist, hat es der Gesetzgeber offensichtlich auch so gewollt. Welchen Schaden die scheinbaren Sieger haben, die dem Kunden mit richterlichem Segen kräftig in die Tasche greifen dürfen, ist nicht faßbar. Aber jeder Kaufmann, der seinen Lohn wert ist und der nicht nur am schnellen Profit interessiert ist, weiß, was unzufrieden Kunden kosten.
Urlaub kann die schönste Jahreszeit sein, wenn man nicht gerade einem Reiseveranstalter in die Hände fällt, dem der kurzfristige Profit wichtiger ist als zufriedene Kunden.
Quelle: openPR
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